Krank vor Angst

Close up of sad young woman in a field.

Daran hatte ich ganz schön zu knabbern

Angst ist ein völlig natürliches Gefühl und sogar eine sinnvolle evolutionäre Entwicklung, die Leben rettet. Denn Angst ist ein Schutzmechanismus des Gehirns, welches uns achtsamer gegenüber Gefahren macht und uns davor bewahrt, allzu riskante Dummheiten zu begehen.

Damit dieser Schutzmechanismus aktiv wird, braucht es die Zusammenarbeit kompliziert ablaufender Mechanismen in unserem Gehirn, wo Sinnesreize binnen Millisekunden verarbeitet und über die Nervenbahnen des Körpers verteilt werden. Die einzelnen Prozesse des inneren Teams möchte ich hier gar nicht erklären. Fakt ist, spüren wir Angst, fallen wir in einen Überlebensmodus, indem wir nur zwischen drei Strategien wählen können. Angriff, Flucht oder Erstarrung.

Wir suchen nach Wegen, dieses unangenehme Gefühl zu verhindern oder es irgendwie erträglich zu machen. Doch die Zahl der Menschen, deren Leben durch Angst geprägt ist und der Menschen, deren Lebensqualität dadurch eingeschränkt ist, steigt zusehends. Schätzungsweise leiden mehr als 30 Millionen Menschen allein in Deutschland unter einer Angststörung. Damit zählen Angststörungen, neben Depressionen und Burnout zu den häufigsten psychischen Leiden.

Oftmals trifft es jene unter uns, die unter besonders großen Druck stehen. Denn Unsicherheit keimt vor allem, wenn wir glauben, einer Situation nicht gewachsen zu sein. Sicher hatten Menschen schon immer Angst, aber die Ängste der heutigen Zeit sind subtiler, denn wir können der Angst weder durch Kampf noch durch Flucht entkommen. Und Erstarrung scheint da auch wenig hilfreich. Wir fürchten den Verlust unseres Wohlstandes, unserer Sicherheit, unserer Zukunftschancen. Wir leben ständig in der Sorge, nicht gut genug zu sein. Nicht für uns selbst sorgen und gute Entscheidungen treffen zu können. Kein unabhängiges und selbst bestimmtes Leben führen zu können. Dass wir (hilfs-)bedürftig werden, dass unser Ansehen Schaden nimmt, dass wir bei einer Herausforderung versagen. Dass wir Aufgaben und dem Leben nicht gewachsen sind. Dass wir den Job und somit die gesellschaftliche Achtung verlieren.

Gerade in der Berufswelt ist dieses Dilemma immer wieder deutlich erkennbar. In Zeiten von Unverbindlichkeit, befristenden Arbeitsverträgen, mobbenden Kollegen, zu hoher Arbeitspensa, inkompetenter Führungskräfte, Konkurrenzkämpfe und den vielen verschiedenen individuellen Lebensweisen, sind Menschen immer wieder stressauslösenden Situationen ausgeliefert. Denn wir müssen jeden Tag zur Arbeit, uns täglich dem aussetzen, was uns ängstigt. Wir können nicht einfach davonlaufen oder dem Chef eins mit der Keule über die Rübe hauen. Können schon, aber wir müssen dann halt auch mit den Konsequenzen leben.

Unser Stress entschärft sich nicht. Wir kommen aus dem Überlebensmodus nicht mehr heraus, weil unser inneres Team durchweg damit beschäftigt ist, uns beschützen zu wollen. Dieser Dauerstress hat schwerwiegende Folgen für unser geistiges und körperliches Wohl. Und der rapide Wandel unserer Gesellschaft trägt nicht unbedingt zum persönlichen Wohlbefinden bei. Unser Leben wird immer vielfältiger. Uns steht eine Fülle an Optionen zur Verfügung, mit denen wir uns ein Leben nach unseren Bedürfnissen kreieren können. Doch ist das wirklich Freiheit? Alles selbst gestalten und entscheiden zu können. Oder schürt es noch mehr Ängste? Wenn wir für unser eigenes Wohl selbst verantwortlich sind und wir allein jede Entscheidung fällen, tragen auch nur wir allein die Konsequenzen dieser Entscheidungen.

Was mich betrifft, kann ich nur sagen, dass es mich gelähmt und total ausgebremst hat. Der Zwang, diese Freiheit nutzen zu müssen, erzeugte permanent Angst. Angst falsche Entscheidungen zu treffen, Angst etwas falsch zu machen, den falschen Bildungsweg einzuschlagen, nicht die perfekte Wahl für mich und meine Zukunft zu treffen, den falschen Partner zu wählen, den falschen Job zu machen. Denn all das zieht weitreichende Konsequenzen nach sich, die ich nicht überblicken kann. Diese Ängste habe ich auch häufig in meinem Umfeld und später in meiner Beratungsarbeit beobachtet.

Menschen fühlen sich nicht mehr in der Lage, sich auf etwas festzulegen. Stattdessen halten sie sich viele Optionen offen und bleiben unverbindlich. Zum Beispiel verlassen immer noch viele Menschen die Schule ohne Bildungsabschluss. Nicht weil sie dumm sind, sondern überfordert vom Leben und nicht fähig, sich für einen Weg zu entscheiden. Es fehlt ihnen an Orientierung. Sie leben in dem Gefühl, wenn ich nicht die richtige Wahl treffe, werde ich kein erfülltes Leben haben. Daher treffen sie keine Entscheidung, sondern verweilen in ihrer Komfortzone und berauben sich so der Chance für persönliches Wachstum. Das erreichen wir nur durch eigene – leider auch schlechte – Erfahrungen.

Doch fühlen sie sich dem Wandel häufig nicht gewachsen und fristen dann ein Dasein, welches immer von Angst und Unzufriedenheit geprägt ist. Dabei wünschen sie sich nichts sehnlicher als Beständigkeit und Verlässlichkeit und haben das Verlangen nach Werten, die Sicherheit und Halt geben. Schrecklich immer in der Angst zu leben oder die falsche Wahl zu treffen. Dass es womöglich immer irgendwo etwas Besseres gibt, nie wirklich bei sich selbst und im Leben anzukommen. In dieser schnelllebigen Welt nicht mithalten zu können oder immer unter seinen Möglichkeiten zu bleiben.

Kennst du dieses Gefühl auch? Ich würde mich sehr freuen, wenn du mich an deinen Erfahrungen teilhaben lässt. Schreib mir gern eine E-Mail oder kontaktiere mich über Instagram oder Facebook. Im nächsten Beitrag erfährst du mehr darüber, wie ich dem Penner Angst auf die Schliche gekommen bin.

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