Krank vor Angst II

Portrait of a sad teenager girl.

Teil II

Fakt ist: Wer an einer Angststörung leidet, gerät in ein schreckliches Dilemma. Denn selbst wenn die quälenden Sorgen real und berechtigt sind, lassen sie sich nicht einfach bekämpfen oder über den Jordan schicken. Einem realen Feind kannst du gehörig in den Hintern treten, ihm ein Bein stellen oder selbst in Angst und Schrecken versetzen. Doch die Angst frisst sich in dein Bewusstsein und bleibt diffus. Sie nagt an deinem Verstand und höhlt dich Stück für Stück aus, weil sie dein Denken und Handeln beherrscht.

Wie sehr krankhafte Angst das Dasein überschatten kann, ist für gesunde Menschen nicht nachfühlbar. Dabei ist es wie mit jeder anderen körperlichen Erkrankung. Sie führt vielleicht nicht zum Tod, aber sie schränkt deine Lebensqualität enorm ein. Menschen mit einer Angststörung müssen den ganzen Tag darauf achten, sich nicht selbst zu überfordern und die angstauslösenden Situationen zu vermeiden. Denn die Angst könnte sie unkontrolliert und überraschend überwältigen.

Die Angst macht einen normalen Alltag nicht möglich. Sie versperrt uns den Weg, verhindert jegliche Weiterentwicklung und persönliches Wachstum und erstickt unsere Lebensfreude, was das Leiden der Betroffenen noch zusätzlich verschlimmert. Das überfordert unsere Seele, was bei chronisch ängstlichen Menschen zu einer ernsten psychischen Erkrankung führen kann. Denn meist kommt der Penner Angst mit seinen besten Kumpels – Schwermut und Schmerz – Hand in Hand.

Doch warum sind manche Menschen mehr von Frucht und Sorgen betroffen als andere? Forscher haben entdeckt, dass Angststörungen von Generation zu Generation weitergegeben werden können. Angstauslösende Situationen hinterlassen biochemische Veränderungen, die einen Einfluss darauf haben, wie das Erbgut unseren Organismus steuert. Schicksalhafte Ereignisse könnten demnach unsere Gene verändern und die Wahrscheinlichkeit erhöhen, eine Angststörung zu entwickeln. Wahrscheinlicher ist aber, dass eine Kombination aus Veranlagung und eigener prägender oder traumatischer Erfahrungen dazu beitragen, dass Furcht sich zu einer Krankheit ausweitet. Bleibt diese Angst über lange Zeit unbehandelt, quälen sich Betroffene manchmal sogar für immer.

Wir können so in eine regelrechte Abwärtsspirale geraten, in der die Angst immer mehr Raum einnimmt, denn die ständige Anspannung hat dramatische Auswirkungen auf unser Wohlbefinden. Der Körper wird mit Stresshormonen geflutet. Unsere gesamten Organe und auch unsere Denkfähigkeit werden dadurch beeinflusst. Wir entwickeln eine selektive Wahrnehmung und unser Gedächtnis und unsere Merkfähigkeit lassen nach.

Es fällt schwerer, Situationen rational zu bewerten, Negatives erhält immer mehr Gewicht und wir können uns nicht mehr auf das Wesentliche konzentrieren. Unser Kopf übernimmt die Kontrolle über unser Denken und Fühlen. Und plötzlich ist unser Leben ein riesiger Kriegsschauplatz. Wir haben nur noch Feinde um uns herum. Unser Gehirn ist nicht mehr in der Lage, unsere Emotionen zu regulieren. Stresshormone werden unkontrolliert ausgeschüttet, die unser gesamtes Nervensystem lahmlegen. Wir befinden uns mitten in einer unheilvollen Spirale, die in einer psychischen Störung enden kann.

Zum Glück gibt es heute viele Möglichkeiten, krankhafte Furcht zu behandeln. Ärzte und Psychologen haben zahlreiche Therapien entwickelt, die Ängste lindern können. Zum Beispiel mit einer Verhaltenstherapie. Doch sollten wir auch vorbeugend oder begleitend auf unsere Psyche einwirken, damit eine Angststörung sich gar nicht erst zu einer ernsthaften Erkrankung entwickelt. Kleine Veränderungen in der Lebensweise können riesige Auswirkungen haben. Helfen kann alles, was dir hilft, Stress abzubauen. Was die Seele gegenüber überwältigenden Gefühlen wie Angst robuster macht. Eine ganzheitliche Behandlung, mit ausreichend Bewegung, vollwertiger Ernährung und ausreichend Schlaf, kann schon dazu beitragen, dass die Angst keine Macht mehr über dich gewinnt.

Ich bin als Zonenkind in zwei völlig verschiedenen Systemen, mit unterschiedlichen Werten und in unsicheren, dysfunktionalen Verhältnissen aufgewachsen. Systeme, in denen Konformität völlig unterschiedliche Bedeutung hatte und Individualität nicht Gleichheit bedeutete. In diesem System hatte jeder Mensch dieselben Voraussetzungen und Lebensbedingungen. Wir fühlten uns im Gleichsein eins und somit meistens sicher und gehalten. Es gab klare Grenzen und Regeln. Dieses System war solidarisch ausgerichtet. Man unterstützte einander. Sicher gefiel das nicht jedem. Es gibt immer Nonkonformisten, die ihr Bedürfnis nach Individualität durch Aufstand zum Ausdruck bringen. Sie fühlen sich kontrolliert und eingesperrt und wollen ausbrechen. Ich selbst hatte aber nie etwas anderes kennengelernt, weshalb ich auch nichts vermisste.

Erst nach dem Umzug, bekam ich ein Bewusstsein dafür, dass klare Grenzen und Regeln Menschen Orientierung und Sicherheit bieten können. Als ich mit neuen Lebensbedingungen, Regeln und Werten konfrontiert wurde, veränderte sich mein Leben drastisch. Die mir bekannte Gemeinsamkeit im Gleich-Sein wandelte sich in Gleich-Sein durch Konformität. Plötzlich hatten wir nicht mehr dieselben Voraussetzungen und Bedingungen, sondern durften als Individualisten Eins-Sein. Doch diese Standardisierung machte mich plötzlich zum Systemsprenger. Ich konnte mich dieser Konformität, in der Toleranz und Akzeptanz nur durch Leistung erlangt wird, nicht anzupassen und unterzuordnen. Das löste eine echte Identitätskrise in mir aus. Ich konnte mich in der vorgefertigten Routine nicht zurechtfinden und fiel in den Überlebensmodus.

Wenn dich interessiert, wie sich mein (Über-)Leben gestaltet hat, solltest du unbedingt wieder vorbeischauen, um meinen nächsten Blog-Artikel nicht zu verpassen. Wenn du selbst nach Strategien und Möglichkeiten zur Angst-, Stress- oder Krisenbewältigung suchst, kontaktiere mich gern auf einen der genannten Kanäle. Ich freue mich von dir zu hören oder zu lesen.

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